— Du freche Göre! — rief Martha plötzlich laut und wütend, die Stirn finster gerunzelt.
Ihre Hand schnellte nach vorne, und ein kräftiger Klaps landete auf Emily, sodass diese zusammenzuckte und ihren Löffel fallen ließ. Eine Welle von Bitterkeit und Zorn überrollte sie — dies war nicht der erste Angriff, aber erstmals war es körperlich.
Martha hatte Emily schon immer für eine nutzlose Person gehalten. Die ruhige, gebildete und höfliche Emily brachte sie regelmäßig zur Weißglut. Ihr Leben lang hatte Martha als Lagerarbeiterin in einem harten Umfeld gearbeitet und betrachtete Emily als „verwöhnte Snobine“, die sie tief verachtete.
Besonders angespannt wurde die Situation, nachdem Emilys Ehemann Jason seine Arbeit verloren hatte und sie gezwungen waren, bei Martha einzuziehen. Von da an begann ein echter Albtraum für Emily… Sie versuchte, sich zu arrangieren, aber als Jason, einst liebevoll, immer mehr den Willen seiner Mutter unterstützte, begann Emily über einen Ausweg nachzudenken.
Die Gelegenheit bot sich selbst. Zuvor hatte Emily sich über Jason geärgert, weil er wieder einmal mit fettverschmierten Hosen vor ihr stand und Suppe auf den Boden verschüttet hatte.
— Jetzt räumst du alles selbst auf! — rief Emily, die Stimme zitterte.
In diesem Moment schlug Martha voller Wut zu. Sie wollte nicht zulassen, dass diese zarte Frau ihren Sohn „demütigt“.
Jason, der Emilys Gesichtsausdruck sah, lachte plötzlich laut und wandte sich an seine Mutter:
— Mom, du bist echt eine Heldin! Schau sie dir an! Sie sieht aus wie ein verängstigtes Huhn!
Dieses Lachen war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Tränen liefen Emilys Wangen hinunter — sie stürmte aus dem Haus, kaum dass sie ihre Schuhe angezogen hatte, und knallte die Tür hinter sich zu.
— Lass sie weinen! Kleine Mädchen! — rief Jason ihr hinterher, während er sich zum Fernseher griff.
Er rührte sich nicht, um sie aufzuhalten oder zu fragen, ob alles in Ordnung war — es war ihm egal.
— Du hast recht, Sohn — sagte Martha. — Sie ist jung und empfindlich… Sie wird wiederkommen. Hör zu, lass sie dich nicht mehr beleidigen! In der Familie muss der Mann das Sagen haben!
Nachdem sie Jason auf die Schulter geklopft hatte, lächelte Martha zufrieden — die Ordnung im Haus war wiederhergestellt.
Eine Stunde später kehrte Emily tatsächlich zurück. Ruhig, gesammelt, sagte sie weder ein Wort zu ihrem Mann noch zu seiner Mutter. Sie ging in die Küche, wischte den Boden sauber, und setzte sich unbemerkt in eine Ecke, um ihr Lieblingsbuch zu lesen.
Am nächsten Morgen erlebten Jason und Martha eine Überraschung.

Jason, wie üblich verschlafen, ging in die Küche und bemerkte sofort, dass das Wohnzimmer leer war.
— Mom! Hast du umgeräumt? — rief er verwirrt. — Wo ist meine Uhr? Mein Laptop? Und Emily?
Martha, gerade aufgestanden, zog ihren Morgenmantel an:
— Welche Uhr, Sohn? Was ist los?
Jason begann hektisch zu suchen. Neben den Geräten fehlten auch seine neuen Sneakers und sein Goldring, den er normalerweise auf dem Tisch liegen ließ.
— Vielleicht wurden wir ausgeraubt? — stammelte Martha blass.
Doch bei näherem Hinsehen entdeckten sie einen Zettel auf dem Küchentisch unter einer Vase mit Blumen.
Jason nahm ihn hoch und las laut:
„Ich habe lange genug ertragen, was ihr mir angetan habt. Ich bin kein Spielzeug. Alles, was ich genommen habe, ist die Entschädigung für die Jahre der Demütigungen. Mit dir, Jason, werde ich nicht mehr zusammenleben. Suche mich nicht — ich werde die Scheidung einreichen. Emily.“
Jason starrte seine Mutter entsetzt an. Martha wurde vor Wut rot:
— Diese Gemeine! Sie hat alles genommen! Sie hat uns bestohlen!
Emily war inzwischen bei ihrer Mutter in einem warmen, gemütlichen Wohnzimmer. Sie trank Tee und erzählte ruhig:
— Mama, ich konnte nicht länger dort bleiben. Es war ein Albtraum.
— Ich habe dir doch gesagt, dass du früher hättest gehen sollen. Mit so jemandem wie deiner Schwiegermutter ist es immer schwer. Du hast es gut gemacht, dass du so lange durchgehalten hast.
In diesem Moment klopfte es an der Tür. Emilys Mutter öffnete — Jason stand da, wütend und durcheinander.
— Wo ist meine Frau? Was soll das? Warum hat sie meine Sachen genommen?
Emily trat ruhig ins Flur, verschränkte die Arme:
— Ich habe nichts gestohlen. Ich verlange nur Respekt. Du wirst nur durch das Gericht an deine Sachen kommen. Willst du die Adresse vom Pfandhaus?
— Du bist verrückt! — schrie Jason.
— Hier sind die Quittungen aus dem Pfandhaus, damit du siehst, dass ich kein Diebstahl begangen habe.
Jason ging schließlich, murmelte Flüche vor sich hin.
Nach ein paar Tagen, endgültig gefestigt, reichte Emily die Scheidung ein. Ihre Entscheidung war endgültig.
Jason und seine Mutter konnten sich nicht beruhigen.
— Sohn, du musst sie zurückholen! — rief Martha.
— Wie? Sie hat uns einfach verlassen! — erwiderte Jason.
— Sie hat Freunde. Finde sie über sie! — schlug Martha vor.
Alle Versuche schlugen fehl. Jason blieb ohne Frau, ständig im Streit mit seiner Mutter und ohne Respekt. Emily dagegen begann endlich ein neues Leben — ruhig, würdevoll und voller Freude.
Lehre: Manchmal ist es besser, rechtzeitig zu gehen, als bis zum Ende zu ertragen. Wahres Glück beginnt mit Selbstrespekt.